Aus Holzknecht

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Tierzuchtdirektor Dipl.-Ing. Franz Stock begleitete uns durch die Rinderreihen und skizzierte dabei kurz den Weg eines Rindes von der Alm bis zum Empfänger in Südtirol, in der Lombardei oder in Süditalien. Es ist ein streng vorgezeichneter Weg, der durchschnittlich vier bis fünf Wochen beansprucht. An jeder Station raschelt Papier, denn die Zeiten, da ein Rind ohne Dokumente den Besitzer wechselte und Partner beim Abschluß des Geschäftes einander nur treuherzig in die Augen blickten, sind längst vorbei. Kurz nach der Alpung fährt der Züchter mit seinen dreijährigen weiblichen Tieren, die bald ihre Erstgeburt zur Welt bringen werden, zum Markt. Die
Tierzuchtdirektor Dipl.-Ing. Franz Stock begleitete uns durch die Rinderreihen und skizzierte dabei kurz den Weg eines Rindes von der Alm bis zum Empfänger in Südtirol, in der Lombardei oder in Süditalien. Es ist ein streng vorgezeichneter Weg, der durchschnittlich vier bis fünf Wochen beansprucht. An jeder Station raschelt Papier, denn die Zeiten, da ein Rind ohne Dokumente den Besitzer wechselte und Partner beim Abschluß des Geschäftes einander nur treuherzig in die Augen blickten, sind längst vorbei. Kurz nach der Alpung fährt der Züchter mit seinen dreijährigen weiblichen Tieren, die bald ihre Erstgeburt zur Welt bringen werden, zum Markt. Die
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Fracht wird mit dem Lastkraftwagen oder Traktor befördert. In der Tasche des Viehhalters stecken für jedes Tier ein Tierpaß, auf dem bestätigt wird, daß die Milchproduzentin frei ist von Tuberkulose- und vom Bangbazillus ist, der seuchenhaftes Verwerfen zur Folge hat. Bevor das Tier den Markt betreten darf, schaut ihm ein Tierarzt mit Kennerblick ins Maul, denn es könnte sein, daß sich darin Anzeichen für die Maul- und Klauenseuche finden.  
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Fracht wird mit dem Lastkraftwagen oder Traktor befördert. In der Tasche des Viehhalters stecken für jedes Tier ein Tierpaß, auf dem bestätigt wird, daß die Milchproduzentin frei ist von Tuberkulose- und vom Bangbazillus ist, der seuchenhaftes Verwerfen zur Folge hat. Bevor das Tier den Markt betreten darf, schaut ihm ein Tierarzt mit Kennerblick ins Maul, denn es könnte sein, daß sich darin Anzeichen für die Maul- und Klauenseuche finden.
Wenn ein Tier als Zuchtvieh gelten soll, braucht es auch einen Stammschein. In diesem "Ahnenpaß" wird in einer Chiffresprache von den Vorfahren des Rindes berichtet. Dazu kommt noch der Deckschein. Eine Marke im linken Ohr des Tieres hält gewisse Daten des Stammscheines fest.
Wenn ein Tier als Zuchtvieh gelten soll, braucht es auch einen Stammschein. In diesem "Ahnenpaß" wird in einer Chiffresprache von den Vorfahren des Rindes berichtet. Dazu kommt noch der Deckschein. Eine Marke im linken Ohr des Tieres hält gewisse Daten des Stammscheines fest.
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Über dem Marktplatz in Landeck, der zugeparkt war wie auf einem Volksfest, lag gestern vormittag das beruhigende Gebrüll der Tiere. Eine Geräuschkulisse, die viel naturverbundener wirkt als das Geknatter der Transporter und Traktoren. Mancher Bauer, manche Bäuerin trennte sich schweren Herzens von der braven "Braunen" oder "Grauen". Die Einkäufer schritten erhobenen Hauptes, jeder Zoll ein Fachmann, jeder Blick eine Musterung, durch die Reihen der MilchproduzentInnen. Es waren millionenschwere Männer darunter, doch hätte man es keinem übers "Gwand" angesehen. Auf einem Viehmarkt wird alles unterspielt. Es gibt keine großen Gesten, keine erregte Mimik, keinen Freudenausbruch, wenn die Kuh zu gutem Preis verkauft ist. Am stoischsten sind die Tiere selbst Ihr Gesichtsausdruck verrät stets die Zufriedenheit einer glücklichen Kreatur, die jeden Bissen zweimal auskosten kann, doch entdeckte ich ähnliche Zufriedenheit auch in den Mienen von Bauern, die ohne Kuh, ohne Bargeld, aber mit kostbaren Schlußscheinen in ihre Höfe zurückkehrten und zum Andenken an das abgeschlossene Geschäft ein paar Kleinigkeiten für den Stall einkauften. Einen Kälberstrick, einen Striegel, eine wohltönende Schelle.
Über dem Marktplatz in Landeck, der zugeparkt war wie auf einem Volksfest, lag gestern vormittag das beruhigende Gebrüll der Tiere. Eine Geräuschkulisse, die viel naturverbundener wirkt als das Geknatter der Transporter und Traktoren. Mancher Bauer, manche Bäuerin trennte sich schweren Herzens von der braven "Braunen" oder "Grauen". Die Einkäufer schritten erhobenen Hauptes, jeder Zoll ein Fachmann, jeder Blick eine Musterung, durch die Reihen der MilchproduzentInnen. Es waren millionenschwere Männer darunter, doch hätte man es keinem übers "Gwand" angesehen. Auf einem Viehmarkt wird alles unterspielt. Es gibt keine großen Gesten, keine erregte Mimik, keinen Freudenausbruch, wenn die Kuh zu gutem Preis verkauft ist. Am stoischsten sind die Tiere selbst Ihr Gesichtsausdruck verrät stets die Zufriedenheit einer glücklichen Kreatur, die jeden Bissen zweimal auskosten kann, doch entdeckte ich ähnliche Zufriedenheit auch in den Mienen von Bauern, die ohne Kuh, ohne Bargeld, aber mit kostbaren Schlußscheinen in ihre Höfe zurückkehrten und zum Andenken an das abgeschlossene Geschäft ein paar Kleinigkeiten für den Stall einkauften. Einen Kälberstrick, einen Striegel, eine wohltönende Schelle.
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Nachwort Hofinger:
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Herbert Buzas, legendärer Lokalredakteur der TT., ist mit W. Hofinger sehr oft im Lande unterwegs gewesen, um danach seine allseit gerne gelesenen Artikel zu veröffentlichen.
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Aktuelle Version vom 13:49, 28. Feb. 2014

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