Aus Holzknecht

Wechseln zu: Navigation, Suche
Zeile 21: Zeile 21:
Josef Hirn war Historiker, und er wurde vom Freisinn ziemlich rau behandelt. (Seine Arbeiten zum Jahr 1809 werden in den kommenden Jahren wieder öfters zitiert werden; das Buch "Tirols Erhebung im Jahre 1809" wurde 1984 neu gedruckt.) Es sind die Geschichtswissenschaft und ihre Ergebnisse natürlich mehr als die der Naturwissenschaften von den persönlichen Ansichten eines Gelehrten geprägt. Ein unkritisch getreues Kind der Kirche, wie der ebenfalls in Innsbruck lehrende Ludwig Pastor, schreibt eine andere Papstgeschichte als ein erklärter Kirchenfeind - was Pastor sehr deutlich in Innsbruck vom Historiker Julius von Ficker und von anderen Gelehrten weitum vorgeworfen wurde.
Josef Hirn war Historiker, und er wurde vom Freisinn ziemlich rau behandelt. (Seine Arbeiten zum Jahr 1809 werden in den kommenden Jahren wieder öfters zitiert werden; das Buch "Tirols Erhebung im Jahre 1809" wurde 1984 neu gedruckt.) Es sind die Geschichtswissenschaft und ihre Ergebnisse natürlich mehr als die der Naturwissenschaften von den persönlichen Ansichten eines Gelehrten geprägt. Ein unkritisch getreues Kind der Kirche, wie der ebenfalls in Innsbruck lehrende Ludwig Pastor, schreibt eine andere Papstgeschichte als ein erklärter Kirchenfeind - was Pastor sehr deutlich in Innsbruck vom Historiker Julius von Ficker und von anderen Gelehrten weitum vorgeworfen wurde.
-
Pernter bestritt in vielen Schriften und Zeitungsartikeln, dass sein (starker persönlicher) Christenglaube in irgendeiner Weise mit den Ergebnissen seiner naturwissenschaftlichen Forschungen in Widerspruch geraten könnte. Um 1890 schrieb er darüber in mehreren Artikeln in Zeitschriften und Zeitungen in Innsbruck. Im Jahre 1902 - da war er schon "Director der Centralanstalt für Meteorologie und Erdmagnetismus" und "Ordentlicher Professor für Physik der Erde" in Wien - erschien eine nur 32 Seiten dünne Broschüre "Voraussetzungslose Forschung. Freie Wissenschaft und Katholicismus". Er stellt da die Gegenfrage, ob jemand, der - wie damals allgemein üblich - die Eignung eines Katholiken für die Einnahme eines wissenschaftlichen Lehrstuhl rundweg bestreitet, nicht selbst, wenn er so etwas behauptet, soeben den Beweis dafür erbringt, dass er im höchsten Maß befangen und geprägt von Vorurteilen und Voraussetzungen ist. Dann stellt er erneut, wie schon 1891 in den "Neuen Tiroler Stimmen", fest, dass es zwischen bewiesenen Erkenntnissen der Naturwissenschaften und den katholischen Dog-
+
Pernter bestritt in vielen Schriften und Zeitungsartikeln, dass sein (starker persönlicher) Christenglaube in irgendeiner Weise mit den Ergebnissen seiner naturwissenschaftlichen Forschungen in Widerspruch geraten könnte. Um 1890 schrieb er darüber in mehreren Artikeln in Zeitschriften und Zeitungen in Innsbruck. Im Jahre 1902 - da war er schon "Director der Centralanstalt für Meteorologie und Erdmagnetismus" und "Ordentlicher Professor für Physik der Erde" in Wien - erschien eine nur 32 Seiten dünne Broschüre "Voraussetzungslose Forschung. Freie Wissenschaft und Katholicismus". Er stellt da die Gegenfrage, ob jemand, der - wie damals allgemein üblich - die Eignung eines Katholiken für die Einnahme eines wissenschaftlichen Lehrstuhl rundweg bestreitet, nicht selbst, wenn er so etwas behauptet, soeben den Beweis dafür erbringt, dass er im höchsten Maß befangen und geprägt von Vorurteilen und Voraussetzungen ist. Dann stellt er erneut, wie schon 1891 in den "Neuen Tiroler Stimmen", fest, dass es zwischen bewiesenen Erkenntnissen der Naturwissenschaften und den katholischen Dogmen keinen Widerspruch geben könne. Den Darwinismus halte er persönlich übrigens für ein sehr wahrscheinliches und ernsthaftes Wissenschaftsgebäude.
-
 
+
In derselben Schrift beklagt er sehr heftig, dass es in der katholischen Theologie nur eine einzige geduldete Philosophie gäbe, den Thomismus, benannt nach Thomas von Aquin, der ohne Zweifel einer der bedeutendsten Gelehrten war, den das Abendland hervorgebracht hat. Pernters diesbezügliche Kritik war ganz besonders erfolglos: Noch 50, 60 Jahre später wurde in Rom auf päpstlichen Universitäten jede Diskussion mit "Thomas dicit" (also in etwa: Thomas von Aquin sagt es so und so) für beendet erklärt.
-
Pernters Schrift "Voraussetzungslose Forschung".
+
-
 
+
-
men keinen Widerspruch geben könne. Den Darwinismus halte er persönlich übrigens für ein sehr wahrscheinliches und ernsthaftes Wissenschaftsgebäude.
+
-
In derselben Schrift beklagt er sehr heftig, dass es in der katholischen Theologie nur eine einzige geduldete Philosophie gäbe, den Tho-mismus, benannt nach Thomas von Aquin, der ohne Zweifel einer der bedeutendsten Gelehrten war, den das Abendland hervorgebracht hat. Pernters diesbezügliche Kritik war ganz besonders erfolglos: Noch 50, 60 Jahre später wurde in Rom auf päpstlichen Universitäten jede Diskussion mit "Thomas dicit" (also in etwa: Thomas von Aquin sagt es so und so) für beendet erklärt.
+
Nicht einigeln, die Welt erobern
Nicht einigeln, die Welt erobern
Zeile 47: Zeile 43:
Gedenkrede auf Joseph Pernter von Josef Hirn.
Gedenkrede auf Joseph Pernter von Josef Hirn.
-
Eine der lebhaftesten Schriften Pernters (abgedruckt in den Mitteilungen des Alpenvereines im Sommer 1888) ist die Beschreibung jener fünf Wochen, die er, zwei Jahre bevor er in Innsbruck an die Universität kam, intensiv forschend und messend, im stürmischen Februar 1888 auf dem vor kurzem erbauten Schutzhaus auf dem 3105 Meter hohen "Sonnblick" verbracht hatte. Als echter Südtiroler ließ er sich neben vielen anderen Kisten auch eine Kiste mit Rotwein hinauftragen. Hinauf und hinunter wateten sie, die Träger und das von Pernter wortreich belobigte Ehepaar Ro-jacher, die Hüttenwirtsleute vom Sonnblick, im Tiefschnee. Vom Sonnblick kam er wissenschaftlich bereichert, aber gesundheitlich geschwächt herab, wie Josef Hirn in seiner Gedenkrede sagte: "Mit schmerzenden Füßen und einem Rückenmarkleiden trat er die Heimwanderung an. Die gebeugte Haltung, in der wir ihn alle gekannt haben, ist ihm von da an geblieben." Sein Rückgrat im übertragenen Sinn blieb lebenslänglich stark, sein Charakter blieb ungebeugt.
+
Eine der lebhaftesten Schriften Pernters (abgedruckt in den Mitteilungen des Alpenvereines im Sommer 1888) ist die Beschreibung jener fünf Wochen, die er, zwei Jahre bevor er in Innsbruck an die Universität kam, intensiv forschend und messend, im stürmischen Februar 1888 auf dem vor kurzem erbauten Schutzhaus auf dem 3105 Meter hohen "Sonnblick" verbracht hatte. Als echter Südtiroler ließ er sich neben vielen anderen Kisten auch eine Kiste mit Rotwein hinauftragen. Hinauf und hinunter wateten sie, die Träger und das von Pernter wortreich belobigte Ehepaar Rojacher, die Hüttenwirtsleute vom Sonnblick, im Tiefschnee. Vom Sonnblick kam er wissenschaftlich bereichert, aber gesundheitlich geschwächt herab, wie Josef Hirn in seiner Gedenkrede sagte: "Mit schmerzenden Füßen und einem Rückenmarkleiden trat er die Heimwanderung an. Die gebeugte Haltung, in der wir ihn alle gekannt haben, ist ihm von da an geblieben." Sein Rückgrat im übertragenen Sinn blieb lebenslänglich stark, sein Charakter blieb ungebeugt.
-
In Wien und anderswo leben einige von Pernters Nachkommen, aber die heißen alle anders. Sein Sohn Dr. Hans Pernter (1887 -1951), war Unterrichtsminister von 1936 bis 1938. Er war jahrelang in den KZ Dachau und Flossenbürg, nach dem 20. Juli 1944 in Mauthausen und im Wiener Landesgericht eingesperrt. Er war der erste geschäftsführende Obmann der ÖVP im Frühjahr 1945 - er war sozusagen der Platzhalter, bis Leopold Figl aus der Gefangenschaft befreit war und auch gesundheitlich in der Lage war, Bundespar-teiobmann zu sein. Die Gattin von Hans Pernter, Isabella geb. Ebenhoch, war eine von vier Töchtern des gebürtigen Vorarlbergers Dr. Alfred Ebenhoch, der 1907 als Landeshauptmann von Oberösterreich wesentlich zur Vereinigung von Christlichsozialen und Konservativen beigetragen hatte (die in Tirol noch Jahrzehnte heftig miteinander stritten; gemeinsam mit Josef Hirn versuchte Joseph Pernter, allerdings vergeblich, in diesem unversöhnlichen Streit einen gemeinsamen dritten Weg aufzuzeigen ...). Ebenhoch war vom November 1907 bis zum November 1908 k.k. Ackerbauminister.
+
In Wien und anderswo leben einige von Pernters Nachkommen, aber die heißen alle anders. Sein Sohn Dr. Hans Pernter (1887 -1951), war Unterrichtsminister von 1936 bis 1938. Er war jahrelang in den KZs Dachau und Flossenbürg, nach dem 20. Juli 1944 in Mauthausen und im Wiener Landesgericht eingesperrt. Er war der erste geschäftsführende Obmann der ÖVP im Frühjahr 1945 - er war sozusagen der Platzhalter, bis Leopold Figl aus der Gefangenschaft befreit war und auch gesundheitlich in der Lage war, Bundesparteiobmann zu sein. Die Gattin von Hans Pernter, Isabella geb. Ebenhoch, war eine von vier Töchtern des gebürtigen Vorarlbergers Dr. Alfred Ebenhoch, der 1907 als Landeshauptmann von Oberösterreich wesentlich zur Vereinigung von Christlichsozialen und Konservativen beigetragen hatte (die in Tirol noch Jahrzehnte heftig miteinander stritten; gemeinsam mit Josef Hirn versuchte Joseph Pernter, allerdings vergeblich, in diesem unversöhnlichen Streit einen gemeinsamen dritten Weg aufzuzeigen ...). Ebenhoch war vom November 1907 bis zum November 1908 k.k. Ackerbauminister.
-
Die einzige Tochter von Joseph Pernter starb 1904 mit 14 Jahren an der "Krankheit der Wiener", an der Tuberkulose; der Tod dieses "Engels" und der bald darauf, im Jahre 1906, erfolgte Tod seiner geliebten Frau, einer geborenen Vilas aus Südtirol, brach ihm mit kaum 60 Jahren das Herz. Oder wie es die "Catho-lic Encyclopedia", zu finden im Internet, ausdrückt: "He was also depressed by the sickness and death of his beloved young daughter and of his wife. These numerous blows combined to hasten his end." (Übersetzt: "Er wurde niedergedrückt von der Krankheit und dem Tod seiner geliebten jungen Tochter und seiner Frau. Diese zahlreichen Schläge trugen dazu bei, sein Ende zu beschleunigen".)
+
Die einzige Tochter von Joseph Pernter starb 1904 mit 14 Jahren an der "Krankheit der Wiener", an der Tuberkulose. Der Tod dieses "Engels" und der bald darauf, im Jahre 1906, erfolgte Tod seiner geliebten Frau, einer geborenen Vilas aus Südtirol, brach ihm mit kaum 60 Jahren das Herz. Oder wie es die "Catholic Encyclopedia", zu finden im Internet, ausdrückt: "He was also depressed by the sickness and death of his beloved young daughter and of his wife. These numerous blows combined to hasten his end." (Übersetzt: "Er wurde niedergedrückt von der Krankheit und dem Tod seiner geliebten jungen Tochter und seiner Frau. Diese zahlreichen Schläge trugen dazu bei, sein Ende zu beschleunigen".)
Hans Pernter, der Sohn von Joseph R, und seine Frau Isabella hatten einen Sohn Heinz, der im Zweiten Weltkrieg verstarb. Ihre zwei Töchter Dorothea und Elisabeth hatten zusammen sieben Kinder, 18 Enkel und eine derzeit noch wachsende Zahl von Urenkeln.
Hans Pernter, der Sohn von Joseph R, und seine Frau Isabella hatten einen Sohn Heinz, der im Zweiten Weltkrieg verstarb. Ihre zwei Töchter Dorothea und Elisabeth hatten zusammen sieben Kinder, 18 Enkel und eine derzeit noch wachsende Zahl von Urenkeln.
Der Vater von Joseph Pernter war der Südtiroler Gutsbesitzer Valentin Pernter aus Neumarkt. Anton Pernter, ein Enkel von Valentin Pernter, war viele Jahre Bürgermeister von Neumarkt; dessen Sohn Otto war viele Jahre Genossenschaftsfunktionär und ist Besitzer des Klosterhofes in Vill bei Neumarkt.
Der Vater von Joseph Pernter war der Südtiroler Gutsbesitzer Valentin Pernter aus Neumarkt. Anton Pernter, ein Enkel von Valentin Pernter, war viele Jahre Bürgermeister von Neumarkt; dessen Sohn Otto war viele Jahre Genossenschaftsfunktionär und ist Besitzer des Klosterhofes in Vill bei Neumarkt.
-
Valentin Pernter, der Vater des Joseph, war einer der Männer, die 1882 in den Ausschuss des eben gegründeten Landeskulturrates berufen wurden. Valentin Pernter hatte eine Tochter und sieben Söhne, sodass es in Südtirol bis heute zahlreiche Pernter gibt. Auch sie können hier nachlesen, welch interessante Persönlichkeit ihr Ur-(ur) Großonkel Joseph Maria Pernter vor hundert und mehr Jahren gewesen ist.
+
Valentin Pernter, der Vater des Joseph, war einer der Männer, die 1882 in den Ausschuss des eben gegründeten Landeskulturrates berufen wurden. Valentin Pernter hatte eine Tochter und sieben Söhne, sodass es in Südtirol bis heute zahlreiche Pernter gibt. Auch sie können hier nachlesen, welch interessante Persönlichkeit ihr Ururgroßonkel Joseph Maria Pernter vor hundert und mehr Jahren gewesen ist.

Version vom 15:55, 19. Feb. 2014

Persönliche Werkzeuge
Buch erstellen