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| autor = Winfried Hofinger
| autor = Winfried Hofinger
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| medium = Tiroler Bauernzeitung [[Kategorie:Tiroler Bauernzeitung]]  und im Internet: http://www.forstverein.it
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| medium = Tiroler Bauernzeitung   und im Internet: http://www.forstverein.it
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| texttyp = Aufsatz
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| texttyp = Rede in der Hofburg Innsbruck
| erscheinungsdatum= 2004
| erscheinungsdatum= 2004
| kategorien= Forstverein; Agrargeschichte; 2004
| kategorien= Forstverein; Agrargeschichte; 2004
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Das Vereinspatent aus 1852
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==Das Vereinspatent aus 1852==
Es begann das alles 1854, also vor genau 150 Jahren, nicht beim Nullpunkt. Schon 1851 wurde in Salzburg auf der XIV. Versammlung deutscher Land- und Forstwirte beschlossen, zwei Forstvereine zu gründen: Einen Reichsforstverein zur Förderung der allgemeinen forstlichen Interessen des gesamten Kaiserreiches, und einen "Forstverein der österreichischen Alpenländer", der sich auch schon 1851 konstituierte. Die Gründung von Untervereinen war erwünscht. Und so gab es zunächst einen Forstverein für Nordtirol und Vorarlberg und einen für Südtirol. Als sich dann der Forstverein für die Alpenländer bald einmal auflöste, schlossen sich die Südtiroler und die Trentiner mit den Nordtirolern und den Vorarlbergern zusammen, und sie blieben bis nach dem 1. Weltkrieg beisammen.
Es begann das alles 1854, also vor genau 150 Jahren, nicht beim Nullpunkt. Schon 1851 wurde in Salzburg auf der XIV. Versammlung deutscher Land- und Forstwirte beschlossen, zwei Forstvereine zu gründen: Einen Reichsforstverein zur Förderung der allgemeinen forstlichen Interessen des gesamten Kaiserreiches, und einen "Forstverein der österreichischen Alpenländer", der sich auch schon 1851 konstituierte. Die Gründung von Untervereinen war erwünscht. Und so gab es zunächst einen Forstverein für Nordtirol und Vorarlberg und einen für Südtirol. Als sich dann der Forstverein für die Alpenländer bald einmal auflöste, schlossen sich die Südtiroler und die Trentiner mit den Nordtirolern und den Vorarlbergern zusammen, und sie blieben bis nach dem 1. Weltkrieg beisammen.
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An die Arbeit
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==An die Arbeit==
Nachdem die bürokratischen Hürden gemeistert waren, konnte man an die Arbeit gehen. Diese Hürden sind seit der Erlassung des Vereinspatents aus 1852 bis heute nicht viel kleiner geworden - was jeder bestätigen wird, der schon jemals einen Verein gegründet hat.
Nachdem die bürokratischen Hürden gemeistert waren, konnte man an die Arbeit gehen. Diese Hürden sind seit der Erlassung des Vereinspatents aus 1852 bis heute nicht viel kleiner geworden - was jeder bestätigen wird, der schon jemals einen Verein gegründet hat.
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Ein Einzelkämpfer
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==Ein Einzelkämpfer==
Wer hat den Bauern damals gesagt, wie sie den Wald nachhaltig, anders und besser als bisher bewirtschaften könnten? Fast niemand. Es war der von seinen geistlichen Mitbrüdern abfällig als "Mistaposter verspottete Adolf Trientl, der, von einem unglaublichen Bildungsfeuer erfüllt, predigend durch das Land zog. Den Forstwirten ist kaum bekannt, was Trientl da geleistet hat. Auf allen seinen Wanderreisen, die mehrere Monate gedauert haben und die ihn "im kalten Theile Tirols" in fast jedes Nest geführt haben, hat er nicht nur die rechte Behandlung des Mistes und der "Goldtinktur der Jauche" gelehrt, sondern überall auch gegen die schlechte Behandlung des Waldes angeredet. Es gab in der Tat vieles zu beklagen: Die Wälder wurden als Weideland genutzt; von lebenden Bäumen wurde Aststreu gewonnen (ich kenne alte Gerloser, die als junge Männer noch "geschnoatet" haben!), vom Boden wurde Strebe, also Einstreu gekratzt. Lärchen wurden zur Gewinnung von Lörget oder Terpentin angebohrt. Beim Bau von Häusern, von Zäunen usw. wurde ebenso wenig an Holz gespart wie beim Einheizen (Trientl propagierte den Sparherd anstelle des offenen Feuers in den Küchen). Er hatte auch deshalb sehr wenig Erfolg, weil die Bauern zu ihrem Tun keine Alternative wussten, weil sie dem geistlichen Herrn daher nicht glaubten - und weil die Strafen für das allgemein verbreitete Misshandeln der Wälder und der Bäume, wenn es denn überhaupt strafbar war, gering waren.
Wer hat den Bauern damals gesagt, wie sie den Wald nachhaltig, anders und besser als bisher bewirtschaften könnten? Fast niemand. Es war der von seinen geistlichen Mitbrüdern abfällig als "Mistaposter verspottete Adolf Trientl, der, von einem unglaublichen Bildungsfeuer erfüllt, predigend durch das Land zog. Den Forstwirten ist kaum bekannt, was Trientl da geleistet hat. Auf allen seinen Wanderreisen, die mehrere Monate gedauert haben und die ihn "im kalten Theile Tirols" in fast jedes Nest geführt haben, hat er nicht nur die rechte Behandlung des Mistes und der "Goldtinktur der Jauche" gelehrt, sondern überall auch gegen die schlechte Behandlung des Waldes angeredet. Es gab in der Tat vieles zu beklagen: Die Wälder wurden als Weideland genutzt; von lebenden Bäumen wurde Aststreu gewonnen (ich kenne alte Gerloser, die als junge Männer noch "geschnoatet" haben!), vom Boden wurde Strebe, also Einstreu gekratzt. Lärchen wurden zur Gewinnung von Lörget oder Terpentin angebohrt. Beim Bau von Häusern, von Zäunen usw. wurde ebenso wenig an Holz gespart wie beim Einheizen (Trientl propagierte den Sparherd anstelle des offenen Feuers in den Küchen). Er hatte auch deshalb sehr wenig Erfolg, weil die Bauern zu ihrem Tun keine Alternative wussten, weil sie dem geistlichen Herrn daher nicht glaubten - und weil die Strafen für das allgemein verbreitete Misshandeln der Wälder und der Bäume, wenn es denn überhaupt strafbar war, gering waren.
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Ein bildungswilliger Wanderverein
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==Ein bildungswilliger Wanderverein==
Den meisten Mitgliedern unseres Forstvereines diente dieser der Weiterbildung in geselligem Rahmen. Auf die Gesetzgebung und auf die Waldbehandlung durch die Besitzer hatte der Verein im 19. Jahrhundert noch weniger Einfluss als im 20. Der Gründungs-Vorstand Andreas Sauter trat 1861 zurück, nachdem die Forstorganisation, wie er sie erträumt hatte, nach ein paar Jahren wieder aufgehoben wurde. Sauter ging mit der NichtVerwirklichung des Einheitsforstamtes, wie wir es aus Bayern bis heute kennen, als Forstmann schon vorher in den Ruhestand. Sein Nachfolger im Verein, Josef Edler von Posch, dessen Name jedem ein Begriff ist, der jemals Servitutenregulierungsurkunden entziffert hat, wurde als einer der Verantwortlichen für die Servitutenregulierung von dieser in der Tat schwierigen Aufgabe dermaßen in Anspruch genommen, dass er 1872 den Vorstandsposten an Hermann Hradetzky abgab. Der 1878 zu seinem Nachfolger gewählte Karl Graf Belrupt-Tissac nahm die in seiner Abwesenheit erfolgte Wahl erst gar nicht an. 1886 wurde Hugo Graf Enzenberg Vorsitzender; in seinen ersten Jahren blühte das Vereinsleben auf. Warum es gegen Ende seiner letzten Funktionsperiode zu einem mehrjährigen Stillstand gekommen ist,
Den meisten Mitgliedern unseres Forstvereines diente dieser der Weiterbildung in geselligem Rahmen. Auf die Gesetzgebung und auf die Waldbehandlung durch die Besitzer hatte der Verein im 19. Jahrhundert noch weniger Einfluss als im 20. Der Gründungs-Vorstand Andreas Sauter trat 1861 zurück, nachdem die Forstorganisation, wie er sie erträumt hatte, nach ein paar Jahren wieder aufgehoben wurde. Sauter ging mit der NichtVerwirklichung des Einheitsforstamtes, wie wir es aus Bayern bis heute kennen, als Forstmann schon vorher in den Ruhestand. Sein Nachfolger im Verein, Josef Edler von Posch, dessen Name jedem ein Begriff ist, der jemals Servitutenregulierungsurkunden entziffert hat, wurde als einer der Verantwortlichen für die Servitutenregulierung von dieser in der Tat schwierigen Aufgabe dermaßen in Anspruch genommen, dass er 1872 den Vorstandsposten an Hermann Hradetzky abgab. Der 1878 zu seinem Nachfolger gewählte Karl Graf Belrupt-Tissac nahm die in seiner Abwesenheit erfolgte Wahl erst gar nicht an. 1886 wurde Hugo Graf Enzenberg Vorsitzender; in seinen ersten Jahren blühte das Vereinsleben auf. Warum es gegen Ende seiner letzten Funktionsperiode zu einem mehrjährigen Stillstand gekommen ist,
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Widerpart Bauernbund
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==Widerpart Bauernbund==
In diesen Tagen wurde der Tiroler Bauernbund 100 Jahre alt. Am Beginn dieser hoch politischen Erhebung standen Forderungen wie die Verstaatlichung des Notariatswesens, die Einführung einer progressiven Einkommenssteuer ("Rotschild zahlt nur fünf Prozent!"), die Verkürzung des Militärdienstes. Auch der Wald wurde zum Gegenstand politischer Auseinandersetzungen. Wenn heute über den sehr heftig geführten Teilwaldstreit nicht mehr berichtet wird, so hängt dies damit zusammen, dass die meisten Mitbürger oder Forstleute aus anderen Bundesländern gar nicht wissen, was ein Teilwald ist - eine Besitzform, die es laut Hofrat Dr. Eberhard Lang, der darüber mehrere Bücher geschrieben hat, auf der ganzen Welt nur in Tirol gibt. Weil auch Gäste von außerhalb Tirols da sind: Beim Teilwald gehören Streu und Bäume dem Berechtigten, Grund und Boden stehen im Eigentum der Gemeinde oder einer Agrargemeinschaft - und das ist doch etwas ganz anderes als ein Einforstungsrecht. Der Bauernbund war natürlich dafür, dass auch das Grundeigentum bei der in Tirol sehr spät erfolgten Anlegung des Grundbuches den Berechtigten zufalle - die Forstpartie stand auf Seiten der Gemeinden. Mehrere Redner forderten bei der Konstituierung des Bauernbundes im Spätherbst 1904 im Innsbrucker Löwenhaus ein neues, das heißt: ein nicht so strenges Forstgesetz. Und mehr Verständnis des k.k. Ärars für seine Eingeforsteten. In der blumigen Sprache des Münsterer Abgeordneten Karl Niedrist, der auch sonst oft die Lacher auf seiner Seite hatte: "Ich schicke voraus, dass ich damit nicht auf die Förster haue. Die Forstorgane sind arme Teufel, die in den Wäldern und Bergen herumlaufen und sich mit der Bevölkerung herumschlagen müssen, und die oft ihrem Dienst nicht nachkommen können, weil die Paragraphen des Gesetzes so streng sind ..."
In diesen Tagen wurde der Tiroler Bauernbund 100 Jahre alt. Am Beginn dieser hoch politischen Erhebung standen Forderungen wie die Verstaatlichung des Notariatswesens, die Einführung einer progressiven Einkommenssteuer ("Rotschild zahlt nur fünf Prozent!"), die Verkürzung des Militärdienstes. Auch der Wald wurde zum Gegenstand politischer Auseinandersetzungen. Wenn heute über den sehr heftig geführten Teilwaldstreit nicht mehr berichtet wird, so hängt dies damit zusammen, dass die meisten Mitbürger oder Forstleute aus anderen Bundesländern gar nicht wissen, was ein Teilwald ist - eine Besitzform, die es laut Hofrat Dr. Eberhard Lang, der darüber mehrere Bücher geschrieben hat, auf der ganzen Welt nur in Tirol gibt. Weil auch Gäste von außerhalb Tirols da sind: Beim Teilwald gehören Streu und Bäume dem Berechtigten, Grund und Boden stehen im Eigentum der Gemeinde oder einer Agrargemeinschaft - und das ist doch etwas ganz anderes als ein Einforstungsrecht. Der Bauernbund war natürlich dafür, dass auch das Grundeigentum bei der in Tirol sehr spät erfolgten Anlegung des Grundbuches den Berechtigten zufalle - die Forstpartie stand auf Seiten der Gemeinden. Mehrere Redner forderten bei der Konstituierung des Bauernbundes im Spätherbst 1904 im Innsbrucker Löwenhaus ein neues, das heißt: ein nicht so strenges Forstgesetz. Und mehr Verständnis des k.k. Ärars für seine Eingeforsteten. In der blumigen Sprache des Münsterer Abgeordneten Karl Niedrist, der auch sonst oft die Lacher auf seiner Seite hatte: "Ich schicke voraus, dass ich damit nicht auf die Förster haue. Die Forstorgane sind arme Teufel, die in den Wäldern und Bergen herumlaufen und sich mit der Bevölkerung herumschlagen müssen, und die oft ihrem Dienst nicht nachkommen können, weil die Paragraphen des Gesetzes so streng sind ..."
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Zwei Weltkriege mit hohem Blutzoll
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==Zwei Weltkriege mit hohem Blutzoll==
Von 1914 bis 1921 ruhte die Tätigkeit des Forstvereines. Nach der Abtrennung Südtirols wurde die Zahl der Mitglieder halbiert - sie schwankte die ganze Zwischenkriegszeit um die 200. Die wirtschaftliche Not dieser Jahre wird in den Protokollen sichtbar. Im Frühjahr 1938 ging der Tiroler Forstverein im großdeutschen auf. Wieder ruhte jede Vereinsarbeit. Nach 1945 war es gar nicht so leicht, Funktionäre zu finden, die unbelastet waren. Doch bald ging es mit ganz Österreich und mit seiner Forstwirtschaft wieder aufwärts. Viele Anwesende haben diese Zeiten bewusst erlebt, sodass es nicht nötig ist, allzu viel davon zu erzählen.
Von 1914 bis 1921 ruhte die Tätigkeit des Forstvereines. Nach der Abtrennung Südtirols wurde die Zahl der Mitglieder halbiert - sie schwankte die ganze Zwischenkriegszeit um die 200. Die wirtschaftliche Not dieser Jahre wird in den Protokollen sichtbar. Im Frühjahr 1938 ging der Tiroler Forstverein im großdeutschen auf. Wieder ruhte jede Vereinsarbeit. Nach 1945 war es gar nicht so leicht, Funktionäre zu finden, die unbelastet waren. Doch bald ging es mit ganz Österreich und mit seiner Forstwirtschaft wieder aufwärts. Viele Anwesende haben diese Zeiten bewusst erlebt, sodass es nicht nötig ist, allzu viel davon zu erzählen.
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Reisen bildet
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==Reisen bildet==
Es gibt kein Thema, das für den Wald im weitesten Sinn von Bedeutung wäre, das der Forstverein nicht angeschnitten hätte. Die Listen seiner Vortragsveranstaltungen, von Hofrat Koller aufgelistet, sind umfassend und daher beeindruckend. Hat der Forstverein damit Politik gemacht? Ich meine schon. Wenn Fachleute ein Thema klar und ohne Widerspruch dargelegt haben, dann gilt, was gesagt wurde, bis zum Beweis des Gegenteils. Der Nachfolger Walter Henslers als Obmann, Huber Rieder iun., hat unter anderem durch seine eigene Reisefreudigkeit den Forstverein viele Jahre geprägt. Was der Austausch von Kollegen aus Ländern hinter dem eisernen Vorhang vor allem für diese bedeutet hat, haben sie uns oft erzählt - für die Tiroler hatten Reisen in diese
Es gibt kein Thema, das für den Wald im weitesten Sinn von Bedeutung wäre, das der Forstverein nicht angeschnitten hätte. Die Listen seiner Vortragsveranstaltungen, von Hofrat Koller aufgelistet, sind umfassend und daher beeindruckend. Hat der Forstverein damit Politik gemacht? Ich meine schon. Wenn Fachleute ein Thema klar und ohne Widerspruch dargelegt haben, dann gilt, was gesagt wurde, bis zum Beweis des Gegenteils. Der Nachfolger Walter Henslers als Obmann, Huber Rieder iun., hat unter anderem durch seine eigene Reisefreudigkeit den Forstverein viele Jahre geprägt. Was der Austausch von Kollegen aus Ländern hinter dem eisernen Vorhang vor allem für diese bedeutet hat, haben sie uns oft erzählt - für die Tiroler hatten Reisen in diese
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[[Kategorie:Tiroler Bauernzeitung]]
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[[Kategorie:Agrargeschichte]]
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[[Kategorie:2004]]
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Aktuelle Version vom 13:45, 25. Mär. 2014

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